Ergänzend zum Antrag zur Ulmer Mohrengasse und den Reaktionen darauf, nehmen wir wie folgt Stellung:
Alle Versuche, die alltagsrassistische Bedeutung des Begriffs „Mohr“ durch geschichtliche oder gar Bezüge zur Bibel zu relativieren, zeugen von wenig Sachkenntnis. Der Begriff ist im Ursprung eine Fremdbezeichnung, die negativ konnotiert ist. Gerade im Vokabular des Hochmittelalters findet sich ein eindeutig abwertender Gehalt des Begriffs. Diese Bedeutung erhielt sich im kolonialen Kontext und wurde zudem im Zeitalter der Aufklärung mit Rassentheorien unterfüttert. Auch heute ist er eindeutig mit rassifizierenden Stereotypen verknüpft (vgl. „Sarotti-Mohr“).
Alle geschichtlichen Betrachtungen, insbesondere die von Hobbyhistorikern aus dem Gemeinderat, die gerade in Ulm veröffentlicht werden, lassen die diskriminierende und herabwürdigenden Bedeutung des Wortes völlig außen vor und lenken vom eigentlichen Problem ab.
Die zum Teil ausfallenden und geradezu aggressiven Reaktionen auf unseren Antrag zeigen, dass wir hier offensichtlich einen Nachholbedarf haben. Die Heftigkeit der Reaktionen zeigt wie wichtig es ist, in der Stadtgesellschaft über Rassismus und damit eben auch über den Begriff und den Namen der Gasse zu diskutieren.
Dieser Dialog muss insbesondere mit Schwarzen Menschen geführt werden. In der bisherigen öffentlichen Diskussion sind Betroffene von Rassismus praktisch nicht zu Wort gekommen. Auch sollten in dieser Diskussion Personen, die sich aus wissenschaftlicher Perspektive mit Rassismus beschäftigen, einbezogen werden.
Es sollte nicht so sein, dass weiße Menschen, die noch nie Rassismus erfahren haben, darüber entscheiden, ob sich Schwarze Menschen in Ulm und Deutschland durch die Namensgebung diskriminiert oder verletzt fühlen oder nicht.
Ähnliche Diskussionen zu Straßenumbenennungen und zum Umgang mit dem rassistischen Gehalt des Begriffs werden im Übrigen gerade auch in anderen Städten wie Berlin oder Augsburg geführt und in der Medienlandschaft wird eine kontroverse Debatte geführt. Wir werden diese Diskussion in Ulm weiter sachlich führen und eine Veranstaltung, entweder online oder real dazu organisieren.